Aktueller Verhandlungsstand von CETA und TTIP
Seit 2014 ist der Vertragstext für CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) fertig gestellt. Im November 2016 haben die EU-Kommission, die EU-Staaten sowie Kanada den Vertrag unterzeichnet. CETA kann aber erst vollständig in Kraft treten, wenn alle nationalen Parlamente der EU dem Abkommen zustimmen (ratifizieren). Auch der Europäische Gerichtshof sowie das Bundesverfassungsgericht müssen den Vertrag nochmals prüfen.1 Bis heute steht allerdings seine Ratifizierung durch alle EU-Statten noch aus.2 Trotz dessen traten im September 2017 schon Teile von CETA in Kraft.3 Diese 'vorläufige Anwendung' gilt allerdings als umstritten.2
Die Verhandlungen zwischen der EU und der USA für die Ausarbeitung von TTIP (Transatlantic trade and Investment Partnership) laufen schon seit 2013. Sie sind allerdings nach anhaltender Kritik ins Stocken geraten. Derzeit ist noch nicht klar, wie der Vertrag für TTIP im Detail aussehen soll.2,4,5
Ziele und Vorteile beider Abkommen
Die Verträge für CETA und TTIP sehen eine Senkung bzw. Abschaffung von Zöllen, eine Angleichung von Standards, eine Erweiterung von Dienstleistungen auf beiden Seiten des Atlantiks sowie eine Förderung von Investitionen und des Handels vor. All diese Faktoren sollen zu neuen Absatzmöglichkeiten für industrielle und landwirtschaftliche Waren führen.6 Dies soll wiederum neue Arbeitsplätze5,7 und ein größeres Produktangebot für Konsumenten schaffen. Zusätzlich sollen die Preise für Waren fallen.8 Diese angestrebten Ziele sollen unter der Berücksichtigung von ökologischen Standards sowie der kulturellen Vielfalt umgesetzt werden.6
Nach Angaben der EU- Kommission könnten europäische Unternehmen durch den Zollabbau jährlich rund 590 Millionen Euro einsparen und sich das jährliche Bruttoinlandsprodukt der EU um rund 12 Milliarden Euro pro Jahr erhöhen.6
Um diese Ziele zu erreichen müssen jedoch Handelshemmnisse abgebaut werden. Das geschieht vor allem im Interesse von exportorientierten Großkonzernen und Investoren. CETA enthält dazu Vereinbarungen zum Investorenschutz und zur sogenannten Regulatorischen Kooperation: Beim Investorenschutz sollen Unternehmen anstelle von staatlichen Gerichten private Schiedsgerichte anrufen können, wenn sie sich benachteiligt fühlen oder ihr investiertes Geld in Gefahr sehen. Mit der Regulatorischen Kooperation sollen künftige Gesetze CETA-konform gehalten werden.5
Kritik an den Freihandelsabkommen
Kritiker geben zu bedenken, dass bei der Umsetzung von CETA und TTIP viel auf dem Spiel steht. Sie sehen das Risiko, dass europäische ökologische und soziale Standards in Frage gestellt werden. Zusätzlich könnten die Regelungen beider Abkommen den Klimaschutz, die Energiewende, die Qualität von Dienstleistungen und nicht zuletzt die Demokratie und den Rechtsstaat gefährden.2 Auch wenn die Verhandlungen geheim geführt werden, dass Ziel scheint klar: Die Abkommen zielen unter anderen darauf ab, die Umwelt- und Verbraucherstandards der EU an die der USA und von Kanada anzupassen.7
Investorenschutz durch Schiedsgerichte
Besonders in der Kritik stehen die in den Verträgen von TTIP und CETA geplanten privaten Schiedsgerichte: Wenn z.B. die deutsche Regierung eine giftige Chemikalie verbietet oder neue Standards in der Massentierhaltung setzt, könnte ein kanadischer oder ein amerikanischer Konzern Deutschland wegen 'nicht gerechter Behandlung' verklagen. Ein Grund für diese nicht gerechte Behandlung könnte beispielsweise sein, dass der Konzern infolge der neuen Regelungen weniger Gewinn erzielen würde. Diese Klage würde dann vor einem solchen Schiedsgericht verhandelt werden. Dieses beruft sich bei ihren Verhandlungen auf die Festlegungen im Freihandelsabkommen anstatt auf europäische oder deutsche Gesetze.2
Kritiker warnen, dass nationale Parlamente aus Angst vor teuren Schiedsgerichtskosten auf Verbesserungen des Verbraucher-, Gesundheits- und Umweltschutzes verzichten könnten.5
Um das Klimaziel zu erreichen muss ein Großteil der fossilen Rohstoffe auf der Erde verbleiben. TTIP und CETA verfolgen hingegen das gegenteilige Ziel. Sie fördern den Handel mit fossilen Rohstoffen und geben Energie- und Rohstoffkonzernen umfangreiche Schadensersatzansprüche. Gleichzeitig werden so auch erneuerbare Energien unter dem Deckmantel der 'Technologieneutralität' behindert.2
Aufgrund anhaltender Kritik sollen die ursprünglich angedachten privaten Schiedsgerichte durch einen öffentlichen Investitions-Gerichtshof ersetzt werden. Doch auch mit dieser Institution könnten die Profitinteressen der Konzerne immer noch Vorrang vor dem Gemeinwohl haben.7
Die Regulatorische Kooperation
Um Handelshemmnisse im Vorhinein zu verhindern, ist in den Verträgen vorgesehen, dass Handelspartner und Konzerne frühzeitig in die Gestaltung von Gesetzen mit einbezogen werden. Diese Verhandlungen laufen aber in der Regel geheim ab.2 Kritiker fürchten, dass Lobbyisten durch diese regulatorische Kooperation einen noch größeren Einfluss auf die Gesetzgebung erlangen und somit die Demokratie gefährden.5
Folgen für die ganze Welt
In Entwicklungs- und Schwellenländern könnten die Freihandelsabkommen die Armut noch verschärfen sowie die Schere wischen Arm und Reich weiter vergrößern. Der Abbau von Zöllen könnte außerdem dazu führen, dass Europa in Zukunft verstärkt Agrar- und Fischerprodukte aus Nordamerika importiert anstatt aus dem Globalen Süden. Zugleich besteht die Gefahr, dass der Globale Süden mit billigen Produkten aus Europa und aus Nordamerika überschwemmt wird.7
Welche Folgen könnten die Freihandelsabkommen für den Verbraucherschutz in der EU im Bereich Lebensmittel haben?
In der EU gilt bei Regeln zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen das Vorsorgeprinzip. Dieses beinhaltet, dass die Unbedenklichkeit von Produkten von den jeweiligen Produzenten bewiesen werden muss und die Ware erst im Anschluss verkauft werden darf. In Nordamerika gilt hingegen das Nachsorgeprinzip. Dabei wird ein Produkt erst vom Markt genommen, bis eine Behörde ein Risiko zweifelsfrei nachgewiesen hat. Mit TTIP und CETA soll anscheinend das Vorsorgeprinzip ausgehebelt werden. Die Handelspartner legen beispielsweise fest, dass bei Neuzulassungen von gentechnisch veränderten Pflanzen das Nachsorgeprinzip gefördert wird. Somit könnten CETA und TTIP dafür genutzt werden, um die in der EU geltenden Regeln für Gentechnik aufzuweichen.2
Mit den Freihandelsabkommen sollen außerdem die unterschiedlichen Lebensmittelstandards der Handelspartner angeglichen werden. Das könnte z.B. zu sich angleichenden Normen bei der Schlachtung von Tieren in der EU führen - Stichwort: Chlorhühnchen.2
Ein weiterer Punkt ist, dass mit CETA und TTIP die Einfuhr von Tierprodukten weitestgehend zollfrei sein darf. In der Folge könnten die Importe von tierischen Produkten massiv steigen. Dadurch verschärfen sich die Preiskämpfe innerhalb der EU, was wiederum zulasten des europäisches Tierschutzes geht.1
Einzelnachweise:
1 https://www.tierschutzbund.de/information/hintergrund/europa/ttip-und-ceta/
2 https://www.bund.net/themen/ttip-ceta/was-sind-ceta-und-ttip/
3 https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/freihandel/ceta-und-ttip-436942
4 https://www.bpb.de/politik/wirtschaft/freihandel/233720/was-steht-in-ttip-und-ceta-eigentlich-drin
5 https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/wirtschaft/ttip/ttip-drei-kuerzel-100.html
6 https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/ceta.html