Was ist Ethylenoxid?
Die chemische Verbindung Ethylenoxid ist ein Pflanzenschutz- und Begasungsmittel, welche bei Raumtemperatur gasförmig ist. Das farblose Gas wirkt beim Aufsprühen auf Lebensmittel sterilisierend und tötet somit zuverlässig Bakterien und Pilze ab.1,2
In Deutschland darf das Pestizid seit 1981 nicht mehr bei Lebensmitteln angewendet werden und ist seit 1991 in der EU vollständig verboten. Lebensmittelhersteller außerhalb der EU besprühen hingegen ihre Produkte wie Gewürze, Nüsse, Ölsaaten oder Getreide noch immer mit dem Gas, um eine höhere Lebensmittelsicherheit zu garantieren. Für aus Drittländern importierte Lebensmittel gelten daher strenge Grenzwerte für die Einfuhr von Lebensmitteln in die EU.1
Nebenwirkungen für den Menschen – ist Ethylenoxid wirklich krebserregend?
Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) sowie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stufen Ethylenoxid offiziell als 'wahrscheinlich krebserregend und erbgutverändernd' beim Menschen ein. Wird es vom Menschen eingeatmet, so kann es Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit verursachen – und im schlimmsten Fall zum Koma führen.1
Ethylenoxid zerfällt schnell in das Abbauprodukt 2-Chlorethanol.2 Auch bei diesem Stoff, kann nach aktueller Studienlage nicht ausgeschlossen werden, dass er erbgutverändernd und krebserregend wirkt. Bis zu seiner abschließenden toxikologischem Bewertung, wird das von 2-Chlorethanol ausgehende Gefahrenpotential für den Menschen wie das vom Ausgangsstoff Ethylenoxid eingestuft.2,3
Welche Grenzwerte gelten für Ethylenoxid in Lebensmitteln?
Der Grenzwert für Ethylenoxid bei Lebensmitteln ist ein Summengrenzwert. Dieser setzt sich aus Ethylenoxid und 2-Chlorethanol zusammen. Das BfR hat eine sogenannte Aufnahmemenge 'geringer Besorgnis' errechnet. Diese beträgt 0,037mg. Das ist die Menge Ethylenoxid, die ein Mensch pro Tag und pro Kilogramm Körpergewicht lebenslang aufnehmen könnte, ohne dass das Krebsrisiko größer als 1:100.000 würde.1 Nach derzeitigem Stand überschreiten weder Kinder noch Erwachsene bei mittlerem Verzehr diese Aufnahmemenge von 'geringer Besorgnis'.4
Lebensmittel dürfen nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn kein Ethylenoxid-Rückstand nachgewiesen werden kann. Der derzeit in der EU zulässige Rückstandshöchstgehalt (Summe aus Ethylenoxid und 2-Chlorethanol) beträgt 0,05mg je Kilogramm Lebensmittel.2
Betroffenen Lebensmittel: Sesam & Co.
Im Herbst letzten Jahres ist bei einer Stichprobe Sesamsamen aus Indien ein erhöhter Ethylenoxid-Gehalt festgestellt wurden. Daraufhin begannen die Behörden in ganz Europa Lebensmittel auf diese längst in Vergessenheit geratene Verbindung zu analysieren. 1 Seitdem kam es schon bei hunderten Produkten zu Grenzwertüberschreitungen und somit zu Produktrückrufen. Betroffen sind nicht nur Produkte aus oder mit Sesam sondern auch Gewürze oder Kaffee.1,2
Aktuell gibt es vermehrt Grenzwertüberschreitungen für Produkte, welche auf den erhöhten Ethylenoxid-Gehalt in Johannisbrotkernmehl zurückzuführen sind. Da dieses als Verdickungsmittel und Stabilisator verwendet wird, betreffen diese Rückrufe nach derzeitigem Stand vor allem Speiseeis, Back-und Fleischwaren sowie Konfitüren.4
Für Sesamsamen und Ölsaaten darf ein Höchstgehalt von 0,05mg/kg nicht überschritten werden – egal ob es sich um Bio-Produkte oder konventionelle Ware handelt. Wird dieser Wert überschritten, darf die Ware nicht verkauft oder muss zurückgerufen werden.1
Die EU-Kommission hat auf das Problem reagiert und im November 2020 festgelegt, dass 50% aller aus Indien in die EU importierten Sesamsamen auf Ethylenoxid hin analysiert werden müssen. Nur wenn der Befund negativ ist, darf das Produkt importiert werden. Außerdem hat die Kommission verfügt, dass alle schon auf dem Markt befindlichen Produkte, die den Grenzwert von 0,05mg/kg überschreiten, zurückgerufen werden müssen.1
Sowohl Unternehmen als auch die Überwachungsbehörden der Bundesländer sind nun alarmiert. In Zukunft sollen neu entwickelte Analysekontrollen verbesserte Routinekontrollen ermöglichen. Im Anschluss sollen Gewürze, Ölsaaten und Getreide großflächig geprüft werden.1
Einzelnachweise: